BAG zum unverbindlichen Wettbewerbsverbot bei unbestimmter Karenzentschädigung
BAG, Urt. v. 15.01.2014 – 10 AZR 243/13
Vorinstanz: LAG Niedersachsen – Urt. v. 09.01.2013 - 16 a 563/13
Das BAG hat entschieden, dass für den Fall, dass bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt wird, ohne das eine Mindesthöhe im Sinne des § 74 Abs. 2 HGB vereinbart wurde, dass Wettbewerbsverbot für den Arbeitnehmer unverbindlich ist. Der Arbeitnehmer kann demnach wählen, ob er sich gegen Zahlung der vereinbarten Entschädigung an das Wettbewerbsverbot hält oder ob er den Wettbewerb ausübt.
Zum Sachverhalt:
Der beklagte Arbeitgeber stellte den Kläger im Jahre 2008 als Vertriebsmitarbeiter ein. Der Arbeitsvertrag beinhaltete eine Klausel im Sinne eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbot.
Diese Klausel hatte folgenden Inhalt:
„Der Mitarbeiter verpflichtet sich, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer von zwei Jahren für kein Konkurrenzunternehmen selbstständig oder unverständlich tätig zu werden. Die Firma verpflichtet sich, die Mitarbeiter für die Dauer des Wettbewerbsverbot eine Entschädigung zu zahlen, die in ihr Ermessen gestellt wird. (…)“
Die Beklagte kündigte das mit dem Kläger geschlossene Arbeitsverhältnis im Jahre 2010 ordentlich aus betriebsbedingten Gründen. Daraufhin erklärte der Kläger, dass er sich an das Wettbewerbsverbot halte und daher auf die Zahlung der Karenzentschädigung bestehe. Die Beklagte verweigerte die Zahlung und berief sich darauf, den Arbeitsvertrag angefochten zu haben und auf die Ansicht, dass die vereinbarte Klausel unbestimmt und nichtig sei, jedenfalls jedoch für die Beklagte unverbindlich.
Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich
Die Entscheidung:
Die Revision des Beklagten Arbeitnehmers hatte keinen Erfolg. Das Gericht stellte fest, dass die Klausel insoweit wirksam war. Die Klausel war für den Kläger als Arbeitnehmer unverbindlich, da die Höhe der Entschädigung im Ermessen des Beklagten gestellt wurde. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sei nur dann nichtig, wenn entgegen § 74 Abs. 3 HGB keine Karenzentschädigung vorgesehen ist.
Folge eines unverbindlichen Wettbewerbsverbot ist dann, dass der Arbeitnehmer sich entscheiden kann, ob er sich anders Wettbewerbsverbot hält oder nicht.
Voraussetzung für einen Anspruch der Entschädigung bei einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot ist dann, dass sich der Arbeitnehmer zu Beginn der Karenzzeit für die Einhaltung des Wettbewerbsverbot entscheidet. Dies hat der Kläger vorliegend schriftlich getan und damit die Anspruchsvoraussetzung geschaffen. Der Arbeitnehmer hat dann ein arbeitsvertraglichen Anspruch in Verbindung mit §§ 315 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2BGB. Danach steht ihm ein Entschädigungsanspruch im Rahmen des billigen Ermessens zu.
Hiervon kann sich der Arbeitgeber nur dann lösen, wenn er das Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigt oder die Parteien aus wichtigem Grund das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst haben. Des Weiteren dann, wenn eine Erklärung gemäß § 75 Abs. 1 HGB vorliegt, in dem der Arbeitgeber eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er zum einen den Arbeitnehmer von dessen Unterlassungspflichten entbinden und selbst keine Entschädigung zahlen will.
Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach Ansicht des BAG nach dem vertraglich Vereinbarten, nicht stets nach § 74 Abs. 2 HGB. Wenn der Arbeitgeber und Kläger wie vorliegend die Höhe der Entschädigung nach billigem Ermessen bestimmen darf, ist der Mindestwert gemäß § 74 Abs. 2 HGB in Höhe von 50 % der zuletzt bezogenen vertraglichen Leistungen einzusetzen. Eine Ermessensentscheidung die unter diesem Wert liegt ist unbillig.
Manuel Schoppe
Rechtsanwalt
Nesbit I Böggemeyer I Schoppe
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Quelle: BAG - Urt. v. 15.01.2014 - 10 AZR 243/13