BGH zur Verjährung von Rückforderungsansprüchen von Bearbeitungsentgelten
BGH - Urt. v. 28.10.2014 – XI ZR 348/13 u. XI ZR 17/14
Der Bundesgerichtshof hat am 28.10.2014 zu der lang umstrittenen Frage der Verjährung von Rückforderungsansprüchen gezahlter Bearbeitungsentgelte Stellung genommen.
In der erstinstanzlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung, als auch in der Literatur war lebhaft umstritten, ob die bereicherungsrechtlichen Rückforderungsansprüche bezüglich gezahlter Bearbeitungsentgelte innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, oder aber innerhalb von zehn Jahren ab Entstehung des Anspruchs verjähren. Zu dieser Frage finden sich insbesondere in der Literatur verschiedene Ansätze.
Der Bundesgerichtshof hat nunmehr in den streitgegenständlichen Verfahren entschieden, dass die Rückzahlungsansprüche in dem konkreten Fall allenfalls gemäß § 199 Abs. 4 BGB innerhalb von zehn Jahren ab Entstehung des Anspruchs verjähren.
Das Gericht hat ausgeführt, das bereicherungsrechtliche Ansprüche grundsätzlich nach § 195 BGB im Rahmen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren verjähren. Verjährungsbeginn ist in diesem Fall der Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, § 199 Abs. 1 BGB. Maßgeblich ist danach für den Verjährungsbeginn, dass der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen hat. Dies ist gegeben, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Nicht erforderlich ist hingegen in der Regel, dass er aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, also dass der Gläubiger den Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt. Auch ein Rechtsirrtum hinderte den Verjährungsbeginn nicht. Die Vorschrift ist in der Regel recht eng auszulegen.
Das Gericht führt jedoch aus, dass ausnahmsweise die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben kann, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag. Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht. In einem solchen Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn.
Das Gericht führt weiterhin aus, dass aufgrund des Umstandes, dass Bearbeitungsentgelte in "üblicher Höhe" von zuletzt bis zu 2 % von der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebilligt worden waren, dem Gläubiger die Erhebung einer Rückforderungsklage erst dann zumutbar war, nachdem sich im Laufe des Jahres 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte (OLG Celle – Beschl. v. 13.10.2011 3 W 86/11), die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen missbilligte. Seither musste ein rechtskundiger Dritter billigerweise damit rechnen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs künftig versagt werden würde.
Ausgehend hiervon sind derzeit nur solche Rückforderungsansprüche verjährt, die vor dem Jahr 2004 oder im Jahr 2004 vor mehr als zehn Jahren (§ 199 Abs. 4 BGB) entstanden sind, sofern innerhalb der absoluten – kenntnisunabhängigen – zehnjährigen Verjährungsfrist vom Kreditnehmer keine verjährunghemmenden Maßnahmen (z.B. Verhandlungen, Mahnbescheid, Klage) ergriffen worden sind.
Anmerkung:
Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichthof die lange umstrittene Frage des Verjährungsbeginns bei Bearbeitungsentgelten entschieden, so dass bezüglich der "klassischen" Bearbeitungsentgelte Rechtssicherheit herrscht.
Insofern sich jedoch weiterhin Banken gegen die Rückzahlung der Bearbeitungsentgelte wehren, so wird geraten, nach Aufforderung zur Zahlung unter Setzung einer angemessenen Frist einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl mit der Geltendmachung Ihrer Ansprüche zu betrauen.
Anders als die hier damals beklagte haben verschiedene Banken das so genannte Bearbeitungsentgelt aus Ihren Verträgen entfernt. Nunmehr gibt es Kreditinstitute, die neben dem Zins weitere Entgelte fordern. Diese werden dann "laufzeitunabhängige Individualbeiträge" genannt, und soll angeblich von einer Gegenleistung abhängig sein. Die Frage der Wirksamkeit dieser Klauseln ist obergerichtlich noch nicht entschieden und bleibt ein spannendes Thema.
Der Verfasser dieses Artikels bearbeitet eine Vielzahl von Fällen aus der Thematik der "Bearbeitungsentgelte" und steht Ihnen gern mit Rat und Tat zur Seite.
Manuel Schoppe
Rechtsanwalt
Nesbit I Böggemeyer I Schoppe
Rechtsanwälte
Quelle: Pressemitteilung Nr. 153/2014 des Bundesgerichtshofs