BGH ändert Rechtssprechung zu Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen
Urteile des Bundesgerichteshofes: VIII ZR 185/14; VIII ZR 242/13; VIII ZR 242/13
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige 8. Zivilsenat des BGH hat sich in drei Entscheidungen mit der Wirksamkeit formularmäßiger Renovierungs- und Abgeltungsklauseln beschäftigt. Durch Renovierungsklauseln wird die grundsätzlich dem Vermieter obliegende Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt. (Quoten -) Abgeltungsklauseln erlegen dem Mieter die Pflicht zur anteiligen Tragung von Kosten der Schönheitsreparaturen für den Fall auf, dass die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses ab Nutzungs- oder Gebrauchsspuren aufweist, die Schönheitsreparaturen aber nach dem in der Renovierungsklausel festgelegten Fristenplan noch nicht fällig sind.
Hinsichtlich der Schönheitsreparaturen hat der 8. Zivilsenat des BGH seine frühere Rechtssprechung aufgegeben, dass die Schönheitsreparaturen auch bei einer zu Mietbeginn dem Mieter unrenoviert überlassenen Wohnung durch AGB – also auch durch Mietvertrag – auf den Mieter übertragen werden können. Dies war bis dato ständige Rechtssprechung des BGH (dazu grundlegend BGH – VIII ARZ 9/86).
Zum Sachverhalt:
Im zugrundeliegenden Fall hatte der Mieter eine teils unrenovierte Wohnung übernommen. In drei Zimmern in der Wohnung musste der Mieter jedoch Streicharbeiten vornehmen. Der Vermieter erließ dem Mieter hierfür als Gegenleistung eine halbe Monatsmiete. In dem streitgegenständlichen Mietvertrag war vorgesehen, dass der Mieter bei Auszug Schönheitsreparaturen vorzunehmen hatte. Da durch den Mieter die Schönheitsreparaturen nicht vorgenommen worden sind, klagte der Vermieter. Die Vorinstanzen haben der auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen gerichteten Klage überwiegend stattgegeben.
Nach Ansicht des BGH ist nunmehr die formularmäßige Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter dann unwirksam, wenn – wie hier – die Wohnung in einem unrenoviertem Zustand übernommen wird. In konkretem Fall hat der BGH zudem entschieden, dass der zu Mietbeginn gewährte Nachlass von lediglich einer halben Monatsmiete bzgl. der noch zu streichenden Zimmer in keinem Fall einen angemessenen Ausgleich darstellt.
Der BGH führte aus, dass die Schönheitsreparaturklauseln den Mieter unangemessen benachteiligen. Denn eine solche Klausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führe – jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung – dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder ggf. in einem besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.
Der 8. Zivilsenat hat mit der vorliegenden Entscheidung nunmehr die frühere Rechtssprechung aufgegeben, dass die Schönheitsreparaturen auch bei einer zu Mietbeginn dem Mieter unrenoviert überlassenen Wohnung durch AGB auf den Mieter übertragen werden können. Weiterhin maßgeblich sei allerdings auch der Ausgangspunkt der früheren Rechtssprechung des Senats, dass der Mieter nur zu den auf seine eigene Vertragszeit entfallenen Renovierungsleistungen verpflichtet werden darf. Der Mieter dürfe zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung jedenfalls nicht ohne Gewährung eines angemessenen Ausgleichs durch den Vermieter formularmäßig mit der Beseitigung von Gebrauchsspuren der Wohnung belastet werden, die bereits durch einen vorvertraglichen Abnutzungszeitraum entstanden sind. Der Bundesgerichtshof hat in der Vergangenheit die allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Rückgriff auf den Grundsatz von Treu und Glauben eingeschränkt. Dies stellt sich nach heutiger Sichtweise jedoch als unzulässige geltungserhaltende Reduktion einer Klausel auf den gerade noch zulässigen Inhalt dar. Dem damaligen Verständnis lag die Vorstellung zugrunde, dass der Mieter nur mit Renovierungsarbeiten für seine Vertragslaufzeit belastet würde, wenn die „üblichen“ Renovierungsfristen im Falle der Überlassung einer unrenovierten Wohnung an den Mietbeginn anknüpften.
Daran hält der Senat angesichts der weiteren Entwicklung der Rechtssprechung des BGH zu den Maßstäben der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht fest. Insbesondere durch die ab 2004 einsetzende Rechtssprechung des Senats zum Erfordernis eines flexiblen Fristenplans (BGH VIII ZR 361/03) und durch die Anwendung der kundenfeindlichsten Auslegung auch im Individualprozess (BGH VIII ZR 285/12) seien die Maßstäbe der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen – demnach auch Mietverträge – erheblich verschärft worden.
In dem weiteren Verfahren bzgl. der Quotenabgeltungsklausel hatte der 8. Senat ursprünglich eine Bemessung des vom Mieter zu tragenden Anteils nach „starren“ Fristen für zulässig erachtet und dies später dahingehend modifiziert, dass derartige Klauseln (nur dann) der Inhaltskontrolle standhielten, wenn sie den vom Mieter zu zahlenden Anteils nach dem Verhältnis zwischen der Mietdauer seit Durchführungen der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum bemessen würden, nachdem bei einer hypothetischen Fortsetzung aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf bestünde.
Der BGH hat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtssprechung nunmehr entschieden, dass eine – zur Unwirksamkeit der Abgeltungsklausel nach § 307 Abs. 1 S. 1, 2 BGB führende – unangemessene Benachteiligung des Mieters darin liegt, dass der auf ihn entfallende Kostenanteil nicht … ermittelt werden kann und für ihn bei Abschluss des Mietvertrags nicht klar und verständlich ist, welche Belastung ggf. auf ihn zukommt. Damit hat der BGH seine Bedenken dahingehend, ob eine Berechnung des vom Mieter zu tragenden Anteils an den Renovierungskostenanteil anhand einer hypothetischen Fortsetzung seines bisherigen Wohnverhaltens der Inhaltskontrolle standhält, für durchgreifend erachtet. Im Übrigen gilt dies unabhängig davon, ob die Wohnung dem Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses renoviert oder unrenoviert überlassen wurde.
Manuel Schoppe
Rechtsanwalt
Nesbit | Böggemeyer | Schoppe
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