OLG Hamm bevorzugt bei Schätzung von Mietwagenkosten das Modell „Fracke“
Urteil des 9. Zivilsenats des OLG Hamm vom 18.03.2016 (9 U 142/15)
Das OLG Hamm hat entschieden, dass für den Fall der Abwicklung eines Verkehrsunfallschadens Mietwagenkosten nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen sind, als Schätzungsgrundlage auf den Mittelwert der Marktpreiserhebungen nach der „Schwacke-Liste“ und dem Frauenhofer-Marktpreisspiegel abzustellen ist, sog. Modell „Fracke“.
Damit beantwortete das OLG Hamm die von der obergerichtlichen Rechtssprechung – auch innerhalb des OLG Hamm – bislang nicht einheitlich behandelten Streitfrage.
Zum Sachverhalt:
Der mit seinem Pkw von der Hauptstraße nach links in eine Straße abbiegende, seinerzeit 61-jährige alte Kläger kollidierte im Kreuzungsbereich mit dem entgegenkommenden Pkw des seinerzeit 24 Jahre alten Beklagten, der unter Befahren einer Sperrfläche in den Kreuzungsbereich eingefahren war. Aufgrund des verbotswidrigen Befahrens der Sperrfläche sei dem Beklagten, so der Senat, eine 70%ige Haftung zuzuschreiben, während der Kläger, der als Linksabbieger den im Gegenverkehr befindlichen Beklagten nicht habe passieren lassen, 30% seines Schadens selbst zu tragen habe.
Bei der Beurteilung der Schadenshöhe von insgesamt 11.250,00 € hatte der Senat zu beurteilen, ob die in dieser Schadenssumme mit 828,00 € enthaltenen Mietwagenkosten gerechtfertigt waren.
Der Kläger habe in dem vorliegenden Verfahren, so der Senat zu der Schadensposition der Mietwagenkosten, nicht konkret nachgewiesen, dass er beim Anmieten des genutzten Ersatzfahrzeuges dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügt habe.
Der diesbezügliche Schaden hinsichtlich der Mietwagenkosten sei deswegen nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen, wobei es darauf ankomme, zu welchen Konditionen der Kläger einen Mietwagen erlangt hätte, wenn er dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen hätte.
Bei der hier gebotenen Schätzung könne der Tatrichter sodann auf die Marktpreiserhebungen nach der „Schwacke-Liste“ oder nach dem Frauenhofer-Marktpreisspiegel zurückgreifen. Beide Marktpreiserhebungen seien nach der höchstrichterlichen Rechtssprechung des BGH, die dieser insoweit als nicht weiter klärungsbedürftig ansehe, grundsätzlich geeignete Schätzungsgrundlagen.
Bei der obergerichtlich streitigen Frage, auf welche Marktpreiserhebung abzustellen sei, bevorzuge der 9. Senat des OLG Hamm die Mittelwertlösung, das sogenannte Modell „Fracke“.
Die unterschiedlichen Erhebungsmethoden beider Auswertungen, die Erhebung des Frauenhofer Instituts beruhe im wesentlichen auf eine anonymen Internetabfrage, die Schwacke-Erhebung auf einer nicht anonymisierten, aber örtlich genaueren Anbieterabfrage, hätten Vorteile und Nachteile, die es dem Senat als sachgerecht erscheinen lassen, keine der Listen isoliert heranzuziehen, sondern auf ihren Mittelwert abzustellen.
Nach der „Schwacke-Liste“ war ein Tarif von 1.142,52 € und nach dem Frauenhofer-Marktpreisspiegel ein Wert von 490,51 € zu ermitteln. Der Mittelwert hieraus beträgt 816,52 € und weiche nach Überzeugung des Senats nur unerheblich von den angefallenen Mietwagenkosten (828,00 €) ab, sodass diese insgesamt als Ersatzfähig anzusehen waren.
Ausgehend von einer 70% igen Haftungsquote konnte der Kläger demnach einen entsprechenden Schadensersatzanspruch für die Mietwagenkosten beanspruchen.
Manuel Schoppe
Rechtsanwalt
Nesbit I Böggemeyer I Schoppe
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Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 18.03.2016 (9 U 142/15)