Urteil des BAG v. 10.05.2016 – 9 AZR 145/15
Arbeitnehmer, die für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes Elternzeit beanspruchen möchten, müssen diese gemäß § 16 Abs. 1 BEEG spätestens sieben Wochen vor Beginn derselben schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten genommen werden soll.
Bei der Inanspruchnahme handelt es sich um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit – vorbehaltlich der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung – zum Ruhen gebracht wird. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es nicht.
Das Elternzeitverlangen erfordert die strenge Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer muss daher eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens das Elternzeit verlangen erklären. Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung. In Ausnahmefällen kann sich ein Arbeitgeber aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falls treuwidrig verhalten, zum Beispiel wenn er zur Erklärung per Fax oder E-Mail auffordert, sich im Nachgang sodann darauf beruft, das Schriftformerfordernis des § 126 Satz 1 BGB sei nicht gewahrt, § 242 BGB.
In dem durch das Bundesarbeitsgericht entschiedenen Verfahren war die Klägerin als Rechtsanwaltsfachangestellte bei dem Beklagten beschäftigt. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.11.2013. Im Kündigungsrechtsstreit machte die Klägerin geltend, sie habe dem Beklagten nach der Geburt ihres Kindes per Fax am 10.06.2013 mitgeteilt, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme. Der Beklagte habe aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht kündigen dürfen. Die Vorinstanzen haben der Kündigungsschutzklage stattgegeben.
Die Revision des Beklagten, also des Rechtsanwalts, hatte vor dem neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts jedoch Erfolg. Dieses hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 15.11.2013 wirksam aufgelöst worden ist.
Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts Hessen (Urteil vom 08.01.2015 – 9 Sa 1079/14) genoss die Klägerin nicht den Kündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Die Erklärung des Elternzeitverlangen per Fax vom 10.06.2013 hat die Schriftform des § 126 BGB nicht gewahrt und ist demnach unwirksam.
Besonderheiten, die es dem Beklagten nach Treu und Glauben verwerten (§ 242 BGB), sich auf den vom Verstoß zu berufen, lagen nicht vor.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nummer 23/16
Manuel Schoppe
Rechtsanwalt
Nesbit I Böggemeyer I Schoppe
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