Anspruch auf Trennungsunterhalt auch ohne früheres Zusammenleben
Zum Sachverhalt:
Die Antragstellerin verlangt nach dem Scheitern ihrer Ehe Trennungsunterhalt. Die Ehe war von den Eltern der Beteiligten, die einen indischen kulturellen Hintergrund haben, arrangiert worden. Zum Zeitpunkt der Heirat lebte die Antragstellerin im Haushalt ihrer Eltern in Deutschland und arbeitete bei einer Bank. Der Antragsgegner arbeitete in Paris als Wertpapierhändler. Nach der Eheschließung fanden an den Wochenenden regelmäßige gemeinsame Übernachtungen ohne sexuelle Kontakte statt. Es war geplant, dass die Antragsgegnerin sich nach Paris versetzen lässt und die Ehepartner dort gemeinsam leben.
Die Eheleute verfügten nicht über ein gemeinsames Konto und verbrauchten ihre Einkünfte jeweils für sich selbst.
Nach einer Aussprache im August 2018 trennten sich die Parteien. Die Antragstellerin begehrt nun Trennungsunterhalt, da der Antragsgegner mehr verdient habe als sie. Sie hätten angeblich ein "normales" Eheleben geführt.
Das AG Frankfurt/Main hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde hatte vor dem OLG überwiegend Erfolg.
Dazu im Einzelnen:
Der Antragstellerin steht nach Ansicht des OLG Frankfurt Trennungsunterhalt zu.
Nach den Feststellungen des OLG setzt der Anspruch auf Trennungsunterhalt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben, noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirkung der Lebensgemeinschaft gekommen ist. Eine nur formell bestehende Ehe mit modifizierten bzw. verminderten als den gesetzlichen Rechten gebe es nicht. Der Unterhaltsanspruch während bestehender Ehe setze ebenfalls nicht voraus, dass die Beteiligten sich eine Zeit lang wirtschaftlich aufeinander eingestellt hätten. Da der Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes nicht durch eine Vereinbarung beschränkt werden dürfe, könne er auch nicht durch ein Verhalten der Beteiligten für die Zukunft eingeschränkt werden.
Der Anspruch sei auch nicht verwirkt, § 242 BGB.
Der Verwirkungsgrund der kurzen Ehedauer gelte für den Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht. Darüber hinaus liege hier auch keine nur kurze Ehedauer vor, da die Ehe bis zur Scheidung fortdauere. Dass die Eheleute vereinbart hätten, nach der Eheschließung keine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen, so dass aus diesen Gründen Verwirkung im Raum stehe, könne hier ebenfalls nicht festgestellt werden. Die Parteien hätten dagegen vielmehr geplant, dass die Antragstellerin sich nach Paris versetzen lässt, um sodann ein gemeinsames Leben zu führen.
Gegen den Beschluss ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof im Hinblick auf eine abweichende Entscheidung des OLG Hamburg, Beschluss vom 30.1.2001 – 2 UF 17/00 zugelassen worden.
Quelle: Pressemitteilung 44/2019 zu Beschluss vom 12.07.2019 des Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 4 UF 123/19