LG Berlin, Urteil vom 27.07.2021, Az.: 65 S 264/20
In seiner vorbezeichneten Entscheidung wies das Landgericht Berlin eine Berufung gegen ein Urteil zurück, aufgrund dessen eine Vermieterin im Schadensersatz-Prozess gegen ihre vormalige Mieterin wegen vermeintlich nicht fachgerecht ausgeführter Schönheitsreparaturen unterlag.
Konkret begehrte die Vermieterin in ihrer prozessualen Rolle als Berufungsklägerin Kostenersatz für die Ausführung von ihr beauftragter Malerarbeiten, nachdem ihre ehemalige Mieterin die vorgenommenen Schönheitsreparaturen unsachgerecht ausgeführt und den Zustand der Mietwohnung dadurch noch verschlechtert habe. Die Mieterin habe Wände, Decken, Türen wie auch Versorgungsleitungen in dem zuvor bewohnten Mietobjekt unzureichend gestrichen, was in der „schattigen“, nicht deckenden Ausführung des Anstriches zu sehen sei. Überdies begehrte die klagende Vermieterin unter Berufung auch auf eine mietvertragliche Klausel Kostenersatz u.a. für die Beseitigung von Dübellöchern.
Die genannte Klausel hatte die Pflicht des Mieters zum Inhalt, die während des Mietverhältnisses durch die Abnutzung seitens des Mieters erforderlichen Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten fachgerecht durchzuführen.
Dem Zahlungsbegehren der Klägerin entsprach das Gericht nicht.
Es führte aus, dass sich ein Schadensersatzanspruch der Klägerin weder unter Nichtleistungsgesichtspunkten daraus ergebe, dass die beklagte Mieterin in fachlicher Hinsicht Schönheitsreparaturen nicht in ausreichender Qualität vorgenommen habe, noch aus einer vertraglichen Nebenpflichtverletzung in Form der Verschlechterung des Zustandes der Mietwohnung durch die angeblich unsachgemäß durchgeführten Arbeiten.
Zunächst begründete das Gericht seine zu Lasten der Vermieterin wirkende Entscheidung, dass dieser ein Anspruch auf Ersatz der durch die Entfernung verschiedentlicher Dübellöcher verursachten Kosten nicht zustehe mit wenigen Worten damit, dass weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass die Anzahl der Löcher über das hinausgegangen sei, was dem vertragsgemäßen Gerbrauch i.S.d. § 538 BGB entspricht. Nach dieser Norm hat der Mieter Änderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht zu vertreten.
Das Gericht sah das Verschließen der Dübellöcher in dem zu beurteilenden Sachverhalt mangels anderweitiger Vereinbarungen zwischen den Parteien des Mietvertrages folglich nicht als geschuldet an.
Ferner sprach das Landgericht der Klägerin nach Durchführung einer Beweisaufnahme und unter Darlegung seiner entsprechend § 286 ZPO gewonnenen Überzeugung keinen Schadensersatzanspruch bezüglich durch die Mieterin zunächst geschliffener und sodann gestrichener Türen zu.
Auch gelangte das Gericht zu der Überzeugung, dass weder Versorgungsleitungen noch Wände oder Decken durch die Mieterin unzureichend gestrichen worden seien, und das, obschon das Gericht selbst den Eindruck gewonnen hatte, dass insbesondere der Anstrich der Wände und Decken infolge der durch die Mieterin durchgeführten Malerarbeiten tatsächlich eine leicht „schattige“ Erscheinung aufwiesen.
Seine – auf den ersten Blick womöglich verwunderliche – Entscheidung begründete das Gericht wie folgt:
Es grenzte zunächst die eingangs erwähnte mietvertragliche Formularklausel von einer sogenannten unbedingten Endrenovierungspflicht-Klausel ab und stellte fest, dass bzgl. des den Verfahrensgegenstand bildenden Sachverhalts eine derartige Klausel zwischen den Parteien gerade nicht vereinbart war. Zu einer Rückgabe der Wohnung in frisch renoviertem Zustand war die Mieterin vertraglich mithin nicht verpflichtet. Demgegenüber, so führte das Gericht aus, bewirke die in ihrem Falle gültige Klausel vordergründig, dass sich die Klägerin als Vermieterin von ihren gesetzlichen Renovierungspflichten während der Mietzeit freizeichne.
Gemessen hieran schuldete die Mieterin zudem in qualitativer Hinsicht, so das Gericht weiter unter Verweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung, die fachgerechte Ausführung der Schönheitsreparaturen, was allerdings nicht mit einer Ausführung in Fachhandwerksqualität gleichzusetzen sei.
Hauptgrund hierfür ist wiederum der rechtlich anerkannte Umstand, dass der Mieter berechtigt ist, die ihm übertragenen Schönheitsreparaturen in (kostengünstiger) Eigenleistung auszuführen.
Denn auch der Vermieter, urteilte das Landgericht weiter, schulde im Rahmen der Erfüllung seiner Instandhaltungspflicht aus § 535 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB lediglich ein bestimmtes Arbeitsergebnis, was nach dem Regelungsgehalt des § 243 Abs. 1 BGB einer Leistung mittlerer Art und Güte entspricht. Dann gelte, wie das Gericht verdeutlicht, bei vertraglicher Überwälzung dieser Pflicht auf den Mieter nichts anderes. Weder Vermieter noch Mieter sind aus diesem Grund zwingend zur Beauftragung der Ausführung durch Fachhandwerker verpflichtet.
Und wann sind Schönheitsreparaturen fachgerecht in mittlerer Art und Güte ausgeführt?
Das Landgericht Berlin meint: bereits dann, wenn die ausgeführten Arbeiten keine auffallenden Mängel aufweisen. Den Qualitätsansprüchen eines Fachhandwerksbetriebes hat der Mieter dabei nicht zu genügen.
Dies gelte, so das Gericht, auch im Falle der Mieterin und wies nochmals darauf hin, dass die im dortigen Mietvertrag enthaltene, streitgegenständliche Klausel die Mieterin einzig dazu verpflichtet habe, die durch eigene Abnutzung der Mietsache erforderlich werdenden Schönheitsreparaturen vorzunehmen.
Und wann muss ein Mieter Schönheitsreparaturen für erforderlich halten?
Zur Beantwortung dieser Frage blickt das Gericht zunächst auf die dem Vermieter gesetzlich auferlegten Pflichten, welche denjenigen entsprechen, die regelmäßig erst im nächsten Schritt mietvertraglich auf den Mieter übertragen werden.
Der Vermieter, so das Gericht, ist im Rahmen seiner Gebrauchserhaltungspflicht aus § 535 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB (erst) dann zur Instandsetzung verpflichtet, wenn der Zustand der Mietsache sich so darstellt, dass diese sich nicht mehr zum vertragsgemäßen Gebrauch eignet. Das ist nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht schon bei jeder geringfügigen Gebrauchsspur der Fall, was bei Abwälzung der entsprechenden Verpflichtung gleichsam für den Mieter gelte.
Der von einem Mieter bei der Übertragung der Renovierungspflicht während der Mietzeit geschuldete Zustand (spätestens) bei Rückgabe der Mietsache darf danach zwar noch nicht die Grenze zur starken bzw. übermäßigen Abnutzung erreichen, andererseits müssen die Räume – ebenso wie im umgekehrten Fall der Renovierungspflicht des Vermieters – nicht fortlaufen den Gesamteindruck einer frisch renovierten Wohnung vermitteln.
Schließlich gelangte das Gericht nicht zur Annahme einer nebenvertraglichen Pflichtverletzung durch die Mieterin. Denn es kam zu der Überzeugung, dass die seitens der Klägerin aufgrund der von der Mieterin ausgeführten Arbeiteten behaupteten "Verschlimmbesserungen" gar nicht eingetreten waren. In diesem Zusammenhang hatte der von der Klägerin beauftragte Malerfachhandwerker vor Gericht u.a. ausgesagt, dass er die zuvor durch die beklagte Mieterin ausgeführten Arbeiten nicht habe zuerst beseitigen müssen, bevor er seine Werkleistungen erbringen konnte, sondern dieser vielmehr nur zu Ende führte. Kostenerhöhende Vorarbeiten waren deshalb nicht erfolgt und diese als Schaden demnach nicht zu ersetzen.
Nicht zuletzt hob das Landgericht Berlin hervor, dass die durch die Vermieterin am Ende der Mietzeit und nach Rückgabe der Mietsache trotz vorgenommener Malerarbeiten vorhandenen „Schattierungen“ während der Mietzeit in vergleichbarer Weise etwa durch Möbel verursacht werden. Es betonte: nicht jede leichte, kaum wahrnehmbare Schattierung führt – sei es im Pflichtenkreis des Vermieters oder des Mieters – zwingend zur Erforderlichkeit von Schönheitsreparaturen, denn sie fallen optisch nicht erheblich ins Gewicht und beeinträchtigen insbesondere nicht den vertragsgemäßen Gebrauch zu Wohnzwecken.
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